Wer nach Füssen kommt, will natürlich DAS Aushängeschild der bayerischen Schlösser besuchen, Neuschwanstein am besten auch noch Hohenschwangau und Linderhof. Aber genau das werde ich heute ziemlich auslassen, denn Füssen und Umgebung lohnen auch so einen Besuch.

Ich verrate Dir, was Du alles in dieser netten kleinen Stadt, die übrigens die höchstgelegenste Bayerns ist, unternehmen kannst.

Altstadt

Am besten erkundest Du die Altstadt im Rahmen einer Führung. 2000 Jahre Geschichte warten nämlich auf Dich, Füssen ist wirklich geschichtsträchtig. Von den drei Stadttoren ist leider nichts mehr übrig, aber dafür ist die Altstadt ziemlich komplett erhalten und die Häuser über 500 Jahre alt.

Wenn Du Abends durch die Gassen bummelst und es kommt Dir kein Auto entgegen, dann ist es eine kleine Zeitreise. Ich konnte mir da gut vorstellen, wie es mal war, so vor ein paar hundert Jahren. Heute sind die Straßen gepflastert und nicht jeder schmeißt seinen Müll auf die Straße. Das macht den Bummel deutlich angenehmer als im Mittelalter. Da muss es ziemlich grausig gerochen haben. Der mittelalterliche Flair ist dennoch vorhanden.

Lass Dich einfach durch die Gassen treiben, Du kommst immer entweder am Schrannenplatz oder vor dem alten Benediktinerkloster raus.
Am Schrannenplatz schau Dir genau den Brunnen mit dem Müller, dem Drescher und dem Bäcker an. Wie viele Mäuse findest Du im Korn versteckt?

In der Reichenstraße kann ich Dir im Stadtcafe den italienischen Kaffee XXL empfehlen. Der ist sehr lecker und eher eine Trinkschokolade mit nur ganz leichten Kaffeegeschmack. Das war genau richtig für mich.

Vom Franziskanerkloster hast Du übrigens einen tollen Blick auf die Altstadt mit dem Hohen Schloss und dem Kloster. Der Friedhof daneben ist auch interessant, denn Du siehst die lange Familientradition. Viele Gräber sind zweihundert Jahre alt und älter. Sie werden immer noch gepflegt, weil die Familien immer noch hier leben. Es hat mich bewegt, dass viele Familien hier ihre Geschichte so lange zurückverfolgen können. Ich kannte zwar noch eine Uroma. Bei den meisten von uns hört es da oder sogar schon bei den Großeltern auf, hier geht es in die Jahrhunderte.

Abends kannst Du übrigens auch eine nette geführte kleine Fackelwanderung nach Bad Faulenbach machen, das etwa einen Kilometer von der Altstadt entfernt ist. Die Führung geht durch die Altstadt und am Franziskanerkloster vorbei. In Bad Faulenbach gibt es im familiengeführten Restaurant Frühlingsgarten übrigens eine superleckere Lachsforelle.

Stadtmuseum

Das Stadtmuseum ist definitiv einen Besuch wert. Allein schon die Räumlichkeiten sind wirklich beeindruckend, denn es ist im alten Benediktinerkloster St. Mang untergebracht. Das teilt sich übrigens die Kirche mit der Stadt und dort ist auch das Rathaus untergebracht. Eine schöne Location zum Heiraten übrigens!

Im Museum führt zunächst ein höher gelegener Gang über die alten Mauern, die ein gutes Stück tiefer liegen. Ein wenig ist noch von den alten Fresken und Torbögen aus dem 9. Jahrhundert zu sehen. Das Kloster ist später im 17. Jahrhundert im Barockstil darüber erbaut worden. Im Barock war ja das memento mori allgegenwärtig und das spiegelt sich auch im Füssener Totentanz wider. Das großes Fresko in der Anna-Kapelle zeigt, wie sich der Tod einfach jeden holt, vom Papst bis zum Kind.

Im Museum gibt es  eine beeindruckende Sammlung an Geigen und Lauten, denn Füssen war die Wiege und das Zentrum des gewerbsmäßigen Lautenbaus im Europa. Hier wurde 1562 die erste Lautenmacherzunft gegründet. Du siehst jeden Abschnitt des Lauten- und Geigenbaus und selbst wenn Du so schön unmusikalisch bist wie ich, ist es allein vom handwerklichen her spannend, die einzelnen Schritte zu sehen.
Im Museum ist auch eine Geigenbauerwerkstatt nachgebaut und die sehen heute immer noch genauso aus.

Mein Favorit neben dem Kaisersaal war eindeutig die Bibliothek, die sich über dem Refektorium, also der Speisesaal der Mönche, befindet. In der Mitte ist ein Loch, durch das man in das Refektorium schauen kann. Mens sana (=Bibliothek) in corpore sano (=Essen) architektonisch umgesetzt.

Das Hohe Schloss

Witzigerweise wurde im Hohen Schloss in früheren Tagen der Zehnte abgeliefert und heute ist dort eine Außenstelle des Finanzamtes. Ja, manche Orte haben eine lange Tradition. Den Innenhof fand ich toll, denn dort findest Du illusionistischen Malereien. Die ganzen Erker und viele Fenster sind einfach nur aufgemalt und ganz im Ernst, bei manchen musste ich zweimal hinschauen, um festzustellen, ob es echt oder gemalt ist. Den Innenhof kannst Du unabhängig von den Öffnungszeiten der Türme und der Galerie, die sich auch dort befindet, besuchen.

Basilika St. Mang

In der Nähe des Hohen Schlosses ist die Basilika St. Mang, eine schöne Barockkirche. Wenn Du dir das durchsichtige Plexiglaskreuz genau anschaust, dann siehst Du in der Mitte den Stab des heiligen Magnus, mit dem er Wunder bewirkt haben soll, links sein Brustkreuz, recht seinen Kelch und unten in einem Reliquienschrein Knochensplitter. Der Heilige soll auch den letzten Drachen getötet haben, was sich bei den Kerzenständern und am Deckenfresko zeigt.

Besuch bei einem Geigenbauermeister

Ich finde handwerkliche Berufe unglaublich spannend und durfte bei den Meistern Oliver Radke und Gabriel Reinhold die Werkstatt besuchen. Das war eines meiner Highlights.

Ich wusste weder, dass eine Geige aus etwa 100 Einzelteilen besteht, noch dass selbst heute noch Därme als Saiten verwendet werden oder diese haarfeinen Linien entlang des Rands Einlegearbeiten sind und zur Stabilisierung dienen. Ich dachte die Schnitzereien im Steg dienen nur der Dekoration, aber weit gefehlt. Mit ihnen kann man den Klang verändern und sie sind unterbrochen, um flexibel auf das Spiel der Saiten zu reagieren. Ich hatte keine Ahnung, dass Decke und Boden jeweils aus zwei Teilen bestehen. Spannend fand ich auch, dass Knochenleim verwendet wird, damit man die Geige für Reparaturen wieder auseinander nehmen kann, weil er wasserlöslich ist und bei Wärme wieder flüssig wird.

Alles wird in Handarbeit hergestellt, was ich besonders beeindruckend fand. Da werden keine Rohlinge zusammengebaut, sondern vom Zuschneiden bis zum Lackieren wird alles in der Werkstatt gemacht.

Die Geigenbaumeister benötigen etwa einen Monat für eine Geige, dürfen aber sonst nichts anderes machen Weil sie aber auch Geigen, Bratschen und Kontrabässe reparieren, bleibt ihnen im Jahr Zeit für etwa fünf Geigen.

Wenn Dich der Instrumentenbau fasziniert und Du auch einmal die Werkstatt besuchen möchtest, dann melde Dich bitte direkt bei den Meistern und sprich mit ihnen einen Termin ab. Das ist ein Handwerksbetrieb, wenn auch ein besonderer, und kein Museum. Da kannst Du nicht einfach so vorbeikommen, denn die beiden arbeiten dort schließlich.

Drei-Schlösser-Wanderung

Mit der Kulturführerin Erih Gößler habe ich eine halbtägige Wanderung über den Kalvarienberg bis Hohenschwangau unternommen. Ja, ich gebe zu, ganz konnte ich mich auch nicht der Faszination entziehen und war doch da. Ich habe jedoch keine Führung mitgemacht, das hebe ich mir für meinen nächsten Besuch auf.

Der Kalvarienberg ist liegt gegenüber dem Hohen Schloss und dem Kloster auf der anderen Lechseite. Am Vormittag leuchten die weißen Gebäude in der Sonne und Du hast einen grandiosen Blick auf die Stadt. Interessant fand ich bei den Kapellen des Kreuzweges immer die moderne Interpretation. Ich konnte zumindest damit mehr anfangen als mit den traditionellen Sichtweisen.

Auf der anderen Seite geht es dann wieder durch den Wald bergab und Du hast immer wieder tolle Blicke auf Neuschwanstein und Hohenschwangau. Es geht anschließend ein ganzes Stück eben weiter bis hin zum Schwansee, wo früher auch Königs gern spazieren gegangen sind oder gepicknickt haben. Heute kannst Du dort auch baden. Ludwig II hat hier übrigens einen großen Teil seiner Kindheit verbracht und daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass er hier auch sein Traumschloss gebaut hat.

Dann geht es noch einmal ein Stück weiter und Du kommst an den Pindarplatz, wo er gern saß und gelesen hat. Der Blick ist aber auch wirklich schön, die Berge, der Alpsee, ein Traum aus Blau und Grün. Der Weg führt dann weiter zum Parkplatz unterhalb von Hohenschwangau. Den Alpsee kannst Du auch in einem gemütlichen Spaziergang umrunden.

Unterhalb von Hohenschwangau sind einige Restaurants und Hotels, wo Du Dich stärken kannst. Für den schmalen Geldbeutel gibt es auch Bratwurstbuden.

Das Museum der Bayerischen Könige ist auch in jedem Fall einen Besuch wert, wenn Du Dich für Ludwig II und die Geschichte interessierst. Ich fand die Gegenüberstellung von ihm und seinem Vater Maximilian II und die geplanten Bauvorhaben, die durch den Tod von Ludwig nicht mehr umgesetzt wurden, besonders spannend. Der chinesische und der byzantinische Palast wären sicher spektakulär geworden. Die Schlösser hat Ludwig II übrigens selbst finanziert, das wusste ich auch vorher nicht. Selbst die neuere Geschichte der Wittelsbacher und ihre Zeit in Sippenhaft während des Zweiten Weltkrieges wird nicht ausgelassen.

Weihnachtsmarkt

Der Weihnachtsmarkt in Füssen ist richtig klein und gemütlich. Er findet am zweiten und dritten Adventswochenende im Innenhof des einstigen Benediktiner-Klosters statt. Unter der Woche ist er geschlossen, aber am Abend, wenn es kalt ist und der Glühwein dampft, dann passt alles. Es gibt auch ein Rahmenprogramm mit Musik, aber nicht nur aus der Konserve. Zitherspieler oder Alphornbläser sorgen für Stimmung.

Am letzten Sonntag gibt es auch eine Weihnachtsbaumversteigerung für einen guten Zweck und Du kannst für einen Euro Dein Glück am Glücksrad versuchen. Der Erlös wird dann gespendet.

Der Markt selbst ist sehr familiär, alle kennen sich und es gibt nicht den üblichen Weihnachtsmarkt-Kram, sondern fast alles ist selbstgemacht. Marmeladen, Schmuck, Chutneys, Gefilztes, Seifen und Gestricktes. Für so einen kleinen Markt gibt es ziemlich viel Abwechslung, weil auch darauf geachtet wird, dass es kein doppeltes Angebot gibt. Und so bekommst Du auch hausgemachte Schnäpse oder heißen Met vom örtlichen Imker zum Aufwärmen. Den kann ich übrigens empfehlen, wenn Du den Honiggeschmack magst.

Tipps zur Schlossbesichtigung

Neuschwanstein ist das für Bayern, was der Taj Mahal für Indien ist. Jeder, der Bayern besucht, will hin. Das ist nun einmal so. Daher solltest Du, wenn Du flexibel bist, die Wochenenden, Schulferien und generell die Monate Mai-Oktober meiden, denn das ist die absolute Hochsaison für die Besichtigung von Neuschwanstein und Hohenschwangau.

Inzwischen werden die Besichtigungen generalstabsmäßig geplant und sind streng durchgetaktet mit Nummernaufruf etc. Während der Führung darf auch nicht fotografiert werden, weil das den Betrieb aufhält und die nächste Gruppe wartet schon. Das Ticket gilt auch nur für eine bestimmte Besichtigung zu einer genauen Uhrzeit. Wenn Du zu spät kommst, hast Du Pech und das Ticket verfällt.

Reserviere Dir  daher das Ticket online oder kaufe es am Schalter unterhalb von Hohenschwangau.  Dort bekommst Du die Karten für beide Schlösser. An den Schlössern selbst gibt es keine Eintrittskarten.

Wie kommst Du hin?

Mit dem Auto ist es am bequemsten. Von München aus kannst Du über die B17 über Bad Tölz und Bad Heilbrunn fahren und die Strecke ist wirklich schön. Du kommst auch an Neuschwanstein selbst vorbei. Schneller geht es über die A96 und dann weiter über die B17. Von Norden her erreichst Du Füssen über die A7.
Füssen hat aber auch einen Bahnhof, so dass Du mit dem Zug anreisen kannst.

Wo schläfst Du?

Füssen hat viele Hotels und Pensionen. In der Hochsaison zwischen April/Mai und Oktober solltest Du in jedem Fall vorher reservieren, denn dann wird die Stadt von Touristen überrollt, denn so ungefähr jeder Amerikaner, Japaner oder Chinese, der nach Deutschland kommt, will Neuschwanstein sehen.

Ich habe in der Villa Fantasia geschlafen, einen Steinwurf von der Altstadt entfernt und mit tollem Blick auf das Hohe Schloss. Das Zimmer war zwar klein, aber schön eingerichtet und es war alles da, was man so braucht. Im Dezember war es leider zu kalt, um auf dem Balkon zu sitzen und den Blick zu genießen, aber im Sommer ist es sicher schön.

Und jetzt Du: Warst Du schon einmal in Füssen oder nur bei den Königsschlössern? Hast Du noch ein paar Geheimtipps in der Umgebung für mich? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.

{Offenlegung: Meine Reise wurde von Füssen Tourismus und Marketing mit Unterkunft und Führung unterstützt. Vielen Dank dafür! Auf meinen Bericht hat das keinen Einfluss und mir wurden auch keine Vorgaben hinsichtlich des Inhalts gemacht.}

 
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