Legendär – Sulawesi
Sulawesi, das alte Celebes. Das klingt nach Abenteuer, Dschungel, geheimnisvollen Riten… Und irgendwie findet man das auch wirklich dort. Ujung Pandang, Makassar, wie es früher hieß, ist eigentlich nur eine Durchgangsstation für die meisten Reisenden, denn viel gibt es da nicht zu sehen, einen Hafen und das ist es auch schon fast. Aber hier landen die Flugzeuge und einen Tag kann man da schon so mit den nötigen Besorgungen, wie Geldwechseln und Weiterfahrt, zubringen.
In Ujung Pandang hatte ich auch das erste und einzige Mal kleinere Probleme, meine Traveller Cheques in DM (Seufz, das waren noch Zeiten…) umzutauschen, aber letztendlich habe ich doch noch eine Bank gefunden. Für die Tagesfahrt hieß es dann wieder mal früh aufstehen, 7 Uhr morgens, und das im Urlaub. Aber was macht man nicht alles mit…
Die Fahrt nach Rantepao, der Hauptstadt von Tana Toraja, dem Torajaland, dauerte 9 Stunden und gab schon den ersten Eindruck über die wunderbare Landschaft dieser Insel. Dschungelbewachsene Berge, Reisterassen, dazwischen zum Teil die typischen Torajahäuser mit ihrer Schiffform. Rantepao ist ein kleiner Ort, ausgestattet mit allem, was der Reisende so braucht. In Ujung Pandang habe ich drei Deutsche kennengelernt, mit denen ich dann die nächsten Tage und die Tour durch die Dörfer unternommen habe und zusammen suchten wir uns auch ein Losmen, ein indonesisches Guest House.
Bei den Toraja
Wer nach Tana Toraja reist, hat im allgemeinen nur eines im Sinn, eine Beerdigung zu sehen. Klingt zwar makaber und vielleicht etwas respektlos, ist es aber nicht. Nicht wirklich, denn für die Toraja ist das irdische Leben eine Zwischenstation auf dem Weg ins Jenseits und die Totenfeste sind auch eine Gelegenheit, Familie und Freunde wiederzusehen, die auf anderen Inseln leben und die man vielleicht lange nicht mehr gesehen hat. Die Toraja haben ein anderes Verhältnis zum Tod wie wir Europäer und sie leben für den Tod. Denn vom Himmel kommen sie und nach ihrem Tod kehren sich dorthin zurück. Entsprechend groß wird ein Begräbnis gefeiert und je höher der soziale Status des Verstorbenen, desto mehr Büffel und Schweine werden geopfert (die Besucher müssen ja auch irgendwie bewirtet werden) und desto länger dauern auch die Feiern. Und durch die Menschen, die an diesen Feiern teilnehmen möchten, leben wieder die alten Riten auf, die die Missionare unter ihren jeweiligen Religionen in den Griff zu bekommen versuchten. Ich persönlich finde das gut, denn so vergessen die Toraja nicht ihre Kultur und auch nicht ihre Vergangenheit und Traditionen.
Ich selbst hatte auch das Glück, an einer derartigen Totenfeier teilnehmen zu dürfen. Den Weg dahin zu finden war auch nicht weiter schwer, ich bin zusammen mit den anderen Deutschen in ein Reisebüro marschiert und dort haben wir nach der nächsten Beerdigung gefragt. Klingt makaber, ist dort aber irgendwie normal. Am nächsten Tag ging es dann auch schon mit einem Führer los, der uns über die Sitten aufklärte und die Tage viel über die Kultur und die Kulte erzählt hat, denn er war selbst ein Toraja. Wie es sich gehört, kamen wir auch nicht mit leeren Händen, sondern mit Zucker und Zigaretten zum Fest. An dem Tag wurden der Familie der Verstorbenen die Opfertiere präsentiert, viele üffel und Schweine. Je heller der Büffel übrigens, desto höher war das Ansehen desjenigen, der den Büffel gespendet hat. Die Schweine, die verschnürt gebracht wurden, schrieen, wie ich noch nie ein Tier habe schreien hören, denn sie rochen wohl das gebratene Fleisch ihrer Vorgänger und ahnten, was mit ihnen passieren würde. Die Tiere selbst wurden nicht direkt auf dem Hauptplatz geschlachtet, sondern etwas abseits. Und das ist wirklich nichts für zarte Gemüter, wenn mit einer Machete die Halsschlagader durchschlagen wird und der Büffel langsam verblutet. Das mag alles recht barbarisch klingen, ist es auch für die Augen der Europäer, die es gewohnt sind, Fleisch sauber abgepackt an der Kühltheke zu kaufen und sich am besten keine Gedanken über die Herkunft machen. Jedoch muß man auch sehen, dass die Büffel gehegt und gepflegt werden, denn sie sind die wertvollsten Begleiter auf der Reise ins Jenseits. Und selbst beim Todesstoß zeigt sich der Respekt der Menschen vor diesen Tieren, denn der Mann, der den Büffel hält, verdeckt ihm die Augen, wenn der andere mit der Machete ausholt. Der Büffel wird dann Ort und Stelle gehäutet und zerlegt, denn trotz der spirituellen Bedeutung werden mit dem Tier auch die weltlichen Bedürfnisse der Besucher befriedigt. Ich fand diese ganze Szenen auch recht heftig, denn ich habe vorher noch nie gesehen, wie ein Tier geschlachtet wird. Aber es war auch irgendwie ganz normal und nicht irgendwie abartig. Die Menschen verehren ihre Büffel, schrubben sie jeden Sonntag, lassen sie im Schlamm baden und werfen ihnen nicht das Gras hin, sondern füttern sie. Aber die Tiere haben auch eine rituelle Bedeutung und dafür werden sie geopfert. Bis dahin haben sie ein Leben, wie es für einen Wasserbüffel wahrscheinlich nicht angenehmer sein kann. Wenn der Verstorbene einen hohen sozialen Rang hatte, dann wird auch noch sein hölzernes Abbild, sein Tau-Tau, in einer Galerie aufgestellt. Und diese Galerien befinden sich meist in schwindelnder Höhe in einer Felswand. Irgendwie schaffen es die Menschen mit einfachsten Mitteln öcher in die Felswände zu schlagen, um dort die Toten zu bestatten und auch die Särge in diese Höhen zu transportieren. Daneben gibt es auch noch verschiedenste Formen der Gräber, je nach Alter und Status. So werden z.B. Kinder, die gestorben sind, bevor sie ihre Milchzähne bekommen haben, in einem speziellen Baum bestattet und das geschlagene Loch wächst wieder zu. Es gibt dann noch die hängenden Gräber und die Felsgräber. In manchen Höhlen kommt man sich wie Indiana Jones persönlich vor, wenn einen die Schädel angrinsen. Abenteuerlich eben.
Auf manchen Särgen sieht man auch Kreuze, denn Indonesien ist ein islamischer Staat und sieht es nicht besonders gern, wenn die Einwohner heidnische Traditionen pflegen. Daher bekennen sich ca. 75% der Toraja zu einem monotheistischen Glauben, aber die Regierung ist doch pragmatisch (??) genug und sieht, dass die Totenrituale Touristen (und damit Geld) anlocken und so begnügt man sich damit, eine dünne Schicht des Christentums über die alten Vorstellungen zu legen. Als Kontrastprogramm zu den Wanderungen durch die Dörfer und Anlagen haben wir auch eine Kinderaufführung angeschaut, bei der die kleinen Torajas Ernte- und Kriegstänze aufführten. War schon recht niedlich anzusehen, aber die Kriegstänze hatten vor nicht allzu langer Zeit auch sehr große Bedeutung, denn es ist gerade mal etwa 100 Jahre her, da waren die Toraja noch Kopfjäger. Heute hat der Reisende in dieser Hinsicht nichts zu befürchten und kann die wunderbare Landschaft, die alten Riten und die geheimnisvollen Tau-Tau bewundern.
Eine mehrtägige Tour, so wie ich sie gemacht habe, kann ich dabei nur empfehlen. Wir sind durch viele Dörfer und „Friedhöfe“ gewandert, haben in einem traditionellen Toraja-Haus, das zu einem Guest House umgewandelt wurde, geschlafen und hatten das Glück, einen guten Guide zu haben, der uns viel erklärt hat. 1994 war auch die Infrastruktur noch nicht so besonders, es dauerte einen Tag, bis man nach Rantepao gekommen ist und das hat damals noch viele Touristen abgeschreckt. Leider wird dieser Zustand nicht ewig dauern und auch Reisegruppen werden ihren Weg finden. Schon damals habe ich gehört, dass große Begräbnissefeiern in eine touristisch günstige Zeit auf Bitte (?) der Regierung gelegt worden sein sollen. Mir hat die Insel mit ihrer Ursprünglichkeit und ihrem geheimnisvollen Zauber besonders gut gefallen und auch wenn´s stressig war und ich mir in Turnschuhen (!! Manche Fehler macht man nur einmal, jetzt reise ich nur in Trekkingschuhen) viele Blasen geholt habe, ich würde sofort wieder hinfahren. Eine Woche war viel zu kurz, aber mein Flieger ging wieder nach Bali und dort wollte ich mich mit Conni und Axel treffen. Zusammen wollten wir die Insel der Götter erkunden und dann ins Land der Kängurus weiterfliegen. Aber das sind andere Geschichten…
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Das Buch* macht Lust auf mehr Sulawesi und ich fahre sicher noch einmal hin, gerade jetzt mit meinem Tauchschein.
Hol Dir auch das Buch* und einen Vorgeschmack auf eine der spannendsten Inseln Indonesiens!
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