Hinweis: In diesem Blogartikel wirst Du Beschreibungen lesen und Bilder sehen, die Dich abstoßen, ekeln, verstören, schockieren oder in einer sonstigen Weise emotional bewegen können. Es geht unter anderem um das rituelle Töten von Tieren. Wenn Du damit ein Problem hast, dann lies bitte nicht weiter und schau Dir die Bilder nicht an.

Wer sind die Toraja?

Die Toraja sind ein altes Volk, das in Zentralsulawesi lebt und für seine aufwändigen Begräbnisrituale bekannt ist. Die Zeiten der Kopfjagd sind inzwischen vorbei und unter einer dünnen christlichen Schicht leben noch die alten Traditionen weiter.
Im Juli und August finden die meisten Totenfeiern statt und das ist auch die Zeit, in der die meisten Touristen unterwegs sind.

Bei den Toraja gibt es zwei Feierlichkeiten, eine direkt nach dem Tod eines Menschen und ein großes Fest, das mehrere Tage dauern kann und zu dem die ganze Verwandtschaft, auch aus Übersee, anreist.
Dieses zweite große Fest ist entsprechend aufwändig und teuer, denn es werden auch spezielle Gebäude aus Holz für die Feierlichkeiten errichtet. Es dauert auch mehrere Tage, je nach sozialem Stand des Verstorbenen.

bestattung_01

Wie verhalte ich mich richtig bei einem Begräbnis?

Sowohl beim letzten Besuch auf Sulawesi als auch jetzt hatte ich die Gelegenheit, bei einem Begräbnis dabei sein zu dürfen. Dass ich hier Gastgeschenke mitgebracht habe, ist eine Selbstverständlichkeit. In der Regel wirst Du von Deinem Guide vorbereitet und ihr kauft zusammen ein. Mit Zigaretten liegst Du hier immer richtig. Du solltest auch angemessen bekleidet sein. Je dunkler desto besser, aber auf jeden Fall sollten die Schultern bedeckt sein und die Hosen mindestens knielang. Du solltest nicht allein zu einer Zeremonie gehen, sondern nur mit einem Guide, der Dich vorstellt. Wenn Du dazu eingeladen wirst, Dich zu der Festgesellschaft zu setzen, ziehst Du natürlich Deine Schuhe aus. Vielleicht wirst Du auch zum Essen eingeladen, dann freue Dich.

bestattung_02

Der erste Tag

2015 war ich kurz am ersten Tag und dann länger am zweiten Tag der Feierlichkeiten dabei. Am dritten Tag fand die eigentliche Beisetzung statt. Auch wenn die meisten Toraja Christen sind, pflegen sie ihre archaischen Rituale weiter. Viele ihrer Traditionen sind inzwischen verschwunden oder verwässert, aber das für sie so wichtige Bestattungsritual lebt in seiner alten Art und Weise weiter, selbst wenn ein Priester dabei ist und betet.
Ich kann natürlich nur das erzählen, was ich selbst erlebt habe. Die Beschreibung der Rituale und Feierlichkeiten ist daher unvollständig, denn ich war nicht die ganze Zeit dabei, sondern nur bei einem Ausschnitt.

Als ich am ersten Tag ankam, wurde ich von meinem Guide dem Dorfvorsteher und dem Sohn der Verstorbenen vorgestellt. Ich habe meine Gastzigaretten überreicht und wurde dann eingeladen, mich zu den Ehrengästen zu setzen. Um einen rechteckigen Platz vor dem Haus der Verstorbenen waren einige Pavillons nur für die Feierlichkeiten aufgebaut. Je nach Familienzugehörigkeit und Status saßen die Menschen beisammen. Auf dem freien Platz in der Mitte wurden am zweiten Tag die Büffel geopfert.
Ich war die einzige Europäerin auf diesem Fest. Das war für viele der Anwesenden gefühlt interessanter als die Geschehnisse auf dem Platz und viele wollten ein Foto mit mir. Natürlich habe ich diesen vielen Wünschen nachgegeben, denn schließlich war ich Gast und auf einer sehr persönlichen Feier toleriert oder eigentlich schon mehr als das. Ich wurde eingeladen, mitzuessen und Palmwein zu trinken, aber ich war hier vorsichtig, denn ich war mir nicht sicher, ob das auch angemessen war.
Auf dem Platz lag der Kopf eines geopferten Büffels, der Körper war schon entfernt worden. Mit einer Axt wurde dann das Horn vom Schädel getrennt, um zum Trocknen aufgehängt zu werden.
Ich blieb an dem Tag nicht lange, es ging darum, mich vorzustellen und den morgigen Besuch anzukündigen.

Warum die Büffel so wichtig sind

Die Büffel sind ein Symbol von Reichtum und Kraft.
Nach ihren Glauben sollen die Büffel den Verstorbenen ins Jenseits folgen. Die Menschen glauben auch, dass sie ihren Besitz bzw. die Essenz mit ins Jenseits nehmen. Und da der Büffel eben für Wohlstand steht, kommt mit ihm auch der Reichtum mit.
Die Büffel werden der Familie und dem Verstorbenen als Geschenk gebracht und viele verschulden sich dafür. Ein heller Büffel hat den Gegenwert eines Autos!
Wenn eine Familie ein wertvolles Tier bringt, ist die beschenkte Familie ihrerseits wieder in der Pflicht, selbst ein wertvolles Tier bei der nächsten Beerdigung zu überreichen.
Die Büffelhörner werden vor den traditionellen Häusern auf einem Pfahl befestigt. Je mehr Hörner es sind, desto höher ist der soziale Status der Familie.
Bei dieser Beerdigung wurden 10 Büffel geopfert, das entspricht so in etwa der besseren Mittelklasse. Bei adeligen Familien können es schon sogar hunderte sein.
Nach der Tötung verteilt der nächste Angehörige, in der Regel der Sohn, die Tiere auf die verschiedenen Dörfer und Familien. Die Tiere werden anschließend zerlegt und das Fleisch verteilt.
Die Haut wir getrocknet und dann wieder verkauft, denn z.B. Schuhe aus Büffelleder sind sehr haltbar.
Die Büffel haben meist übrigens ein gar nicht mal so schlechtes Leben. Sie werden nicht zum Arbeiten hergenommen und Du siehst sie oft gemütlich auf Wiesen oder an abgeernteten Reisfeldern grasen. Entsprechend ihres Wertes werden sie behandelt und auf dem Marktzum Beispiel auch immer wieder wegen der Hitze mit Wasser abgespritzt.

bestattung_21
bestattung_22

Die Familie und die Gäste müssen essen…

In den Ecken des Platzes und auch auf dem ganzen Gelände wurden Schweine geschlachtet. Das Schreien der Tiere war für mich persönlich wirklich schlimm, denn ich habe die Todesangst gehört. Die Tiere werden mit einem Messer getötet und das Blut, die Essenz des Lebens wird aufgefangen. Nach dem Ausbluten wird das Schwein mit einem Gasbrenner abgefackelt. Früher legte man die Tiere ins Feuer, heute geht es auf diese Weise schneller. Schließlich müssen hunderte von Menschen auch während der Feier versorgt werden. Letztendlich habe ich hier aber auch keinen großen Unterschied zum bayerischen Spanferkel, das im Ganzen gegrillt wird, gesehen.

Der zweite Tag

Am zweiten Tag fanden am Vormittag die Opferungen der Büffel statt. Zunächst wurden alle Tiere präsentiert und der älteste Sohn wählte dann die Tiere aus. Dann wurde ein Büffel nach dem anderen in die Mitte des Platzes geführt und festgebunden. Oft streichelten die Männer die Tiere noch, um sie ein wenig zu beruhigen. Die Männer schauten genau hin, um eine gute Stelle zu finden. Dann holte ein Mann mit einer Art Machete aus und durchschlug mit einem Hieb die Halsschlagader. Blut spritzte, das Tier taumelte und fiel. Der ein oder andere Büffel bäumte sich noch einmal auf, bevor er starb. Das ganze Geschehen wurde gefilmt, von einer Art Zeremonienmeister und von den Anwesenden lautstark kommentiert.

Wenn alle Büffel tot waren, wurden sie gehäutet und dann wurde das Fleisch zerteilt.

Damit ist auch schon der Höhepunkt des zweiten Tages erreicht und genau das ist es, was die meisten Touristen sehen wollen, wenn sie eine Bestattungszeremonie bei den Toraja erleben möchten.

Wie ist es mir dabei gegangen?

Ich muss sagen, mich hat es sehr bewegt. Jetzt noch mehr als bei meinem ersten Besuch. Mich hat der Respekt beeindruckt, den die Menschen den Tieren entgegenbringen. Ich fand das Schreien der Schweine ehrlich gesagt viel schlimmer als das Töten selbst. Die Büffel haben gesehen, was auf sie zukommt, aber sie schienen es meist ruhig zu ertragen. Letztendlich war es für mich irgendwie eine Zeitreise in eine andere Welt, in eine andere Zeit.
Die Bilder, die ich gesehen habe, waren nicht ohne, aber das wusste ich schon. Ich bin dennoch noch einmal zu dieser Zeremonie gegangen, weil es untrennbar mit der Kultur der Toraja verbunden ist. Der Tod ist hier allgegenwärtig und die Rituale sind für die Menschen sehr wichtig.

Als Frau hatte ich bis auf meine Unsicherheit mit dem Palmwein überhaupt keine Bedenken. Die Menschen haben mich freundlich in ihrer Mitte willkommen geheißen und ich durfte bei den Honoratioren sitzen. Der Sohn der Verstorbenen hat sich auch lange mit mir unterhalten und so habe ich mich auch nicht deplatziert oder als Fremdkörper gefühlt. Ich habe aber auch versucht, mich im Hintergrund zu halten und Respekt zu zeigen.

Warum habe ich das so ausführlich beschrieben?

Mir geht es nicht um Sensationen, aber ähnlich wie in Nepal hat es mich bewegt, wie die Menschen hier mit dem Tod umgehen, so ganz anders als bei uns. Und mich beeindruckt diese gelebte Tradition, das Archaische.
Und nicht zuletzt will ich auch eines erreichen: Dass Du weißt, was Dich erwartet, wenn Du selbst mal nach Sulawesi fährst und Dir überlegst, ob Du an einer Zeremonie teilnehmen möchtest. Es ist nichts für jemand, der kein Blut sehen kann und dem es den Magen umdreht, wenn Tiere geschlachtet werden. Du solltest Respekt mitbringen und auch die Toleranz, die Dir als Gast aus dem Ausland entgegengebracht wird. Schließlich bist Du Zuschauer bei einer privaten Feier.
Es ist Deine Entscheidung, ob Du hingehst oder nicht, aber wenn Du es tust, dann werte bitte nicht und sei tolerant.

Und jetzt Du: Warst Du schon einmal bei so einem Ritual dabei?

Noch ein ganz heißer Tipp von mir: Melissa und Petra von den Indojunkies haben ein ganz tolles Buch (Werbung) über Sulawesi geschrieben. Ich habe nur einen kleinen Teil gesehen, aber in ihrem Buch (Werbung) erfährst Du alles über diese Insel und ihre noch kaum bekannten Trauminseln und Völker.
Das Buch (Werbung) macht Lust auf mehr Sulawesi und ich fahre sicher noch einmal hin, gerade jetzt mit meinem Tauchschein.
Hol Dir auch das Buch (Werbung) und einen Vorgeschmack auf eine der spannendsten Inseln Indonesiens!

Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.
 
Dir hat der Beitrag gefallen? Dann teile ihn doch mit deinen Freunden