Wie Du vielleicht weißt, habe ich ein Faible für Städte, die sich ihr mittelalterliches Flair bewahrt haben und da war es nur eine Frage der Zeit, bis ich auch einmal Konstanz besuchen sollte.

Im April 2016 war es soweit. Ich war zwei Tage in der Konzilsstadt und ganz ehrlich, die Stadt und das Umland haben so viel zu bieten, dass ich gern noch länger geblieben wäre.

Ich habe es gerade geschafft, ein wenig die Stadt zu erkunden und mir das Pfahlbaumuseumsdorf anzuschauen, aber das archäologische Landesmuseum, Mainau, die Insel Reichenau oder das Rosgartenmuseum hätten mich auch interessiert.

Unterwegs in der Stadt

Immerhin hatte ich das Glück, eine tolle Stadtführung mit der Archäologin Dr. Schnekenburger zu genießen.

Die erste Station war auch meine Wunschstation – ein Besuch bei der Buchbindermeisterin Antje Gaupmann Rösch.

Ich muss ehrlich sagen, ich war wirklich beeindruckt. Sie bindet nicht nur Bücher, sondern restauriert sie auch, wenn sich der Bücherwurm durch alte Bände frisst oder der Zahn der Zeit zu sehr an alten Schriften nagt. Das älteste Buch, das sie restauriert hat, war ein Inkunabel von 1500. Dass sie da mehrere Monate überlegt hat, wie sie die Sache angeht, ist nachvollziehbar.

Sie näht Bücher mit Fäden aus Hanf oder Leinen, leimt sie, überzieht selbst aufbereitete Holzdeckel mit Pergament oder Leder, macht Schuber und Einbände oder fertigt originalgetreu Schnallen aus Metall. Bücher erhalten einen edlen Glanz, wenn mit der Hand Blattgold auf geschliffene Seiten mit einem Eiweiß-Wassergemisch aufgetragen werden. So ist Frau Gaupmann Rösch nicht nur Meisterin der Buchbindekunst, sondern auch eine halbe Schreinerin und Schmiedin, soweit es ihr Handwerk unterstützt.

Wenn Du auch einmal einen Blick in die Werkstatt werfen möchtest, dann kontaktiere sie und vereinbare einen Termin, denn es ist schließlich ein normaler Betrieb und kein Museum.

Da der Bodensee auch eine Weinbaugegend ist, führte uns der Weg in die Weinhandlung Franz Fritz, wo uns der Inhaber Andreas Fritz einen leckeren Tropfen kredenzte. Der urige kleine Weinkeller ist nicht gerade groß und da kann es am Abend schon recht eng werden. Wenn Du mit mehreren Freunden hingehen willst, dann reserviere lieber. Oder Du hast Glück und findest ein Plätzchen in der oberen Stube im ersten Stock.

Der Rundgang führte weiter durch die kleinen Gassen der Altstadt, am ehemaligen mittelalterlichen Badehaus und dem früheren mittelalterlichen Frauenhaus vorbei.

Ich wusste nicht, dass es beispielsweise im Mittelalter nicht üblich war, zu heiraten. Das war den Reichen vorbehalten, damit geregelt war, wer das Familienvermögen erben wird. Frau Schnekenburger macht übrigens auch Führungen zu Lust und Liebe im Mittelalter und da erfährst Du sicher mehr.

Wir tauchten dann noch weiter in die Geschichte und in den Konstanzer Untergrund ab, denn sie hatte immerhin den Schlüssel, mit dem sie das Tor in die Römerzeit öffnen konnte.

Du siehst die Mauern des Kastells aus dem 5. Jahrhundert auch dank einer kleinen gläsernen Pyramide vom Vorplatz vor dem Münster, aber spannender ist es natürlich, direkt sich die Mauern anzusehen. Aber auch das kannst Du im Rahmen von regulären Führungen sehen. In Konstanz gibt es zig thematisch unterschiedliche Führungen und ich bin sicher, da findest Du mindestens eine, die Dich interessiert.

Auch das Münster haben wir nicht ausgelassen und obwohl ich am Vortag schon drinnen war, habe ich glatt die Kapellen und die Krypta übersehen. Links vom Altar ist der Eingang und ich habe mich einfach nicht getraut, durch die Tür zu gehen. Das ist aber erlaubt und so kommst Du durch den Kreuzgang (wird gerade restauriert, April 2016) zu einer alten Krypta und einigen Kapellen. Hier siehst Du die unterschiedlichsten Stile und am schönsten fand ich die Mauritiusrotude mit den liebevollen Figuren aus der Gotik.

So grinst der Erzengel Maria an, als er ihr die Botschaft über ihre Schwangerschaft überbringt oder Maria wirkt auch nach der Geburt ziemlich in sich ruhend, während dem armen Josef sich ziemlich die Sorgesfalten ins Gesicht graben. Ich muss zugeben, Barock und Rokkoko sind nicht so meines, viel zu überladen. Wenn schon Kirchen, dann sind mir die romanischen und gotischen am liebsten.

Den Abschluss der Führung bildete noch ein kleiner Gang durch die Gassen, wo ich auch eine Empfehlung fürs Abendessen bekam. Und ich hatte Glück, denn in der Weinstube „Zum guten Hirten“ ohne Reservierung einen Platz zu ergattern ist echt schwer. Das urige Lokal ist nicht wirklich groß und das Wetter hat mitgespielt, so dass ich auch draußen sitzen konnte. Die Bodensee-Variante der Pizza, das Dünnele, war genau das Richtige zum Weißwein aus der Gegend.

Ich würde Dir auch raten, Dich einfach durch die Gassen treiben zu lassen. Die Altstadt ist nicht besonders groß und wenn Du in die kleinen Gassen biegst, dann wird das Mittelalter schon fast greifbar.

Die Jahreszahlen, die Du auf den Häusern siehst, sind nur die ersten urkundlichen Erwähnungen. Die Häuser selbst sind noch viel älter. Viele sind übrigens keine Steinhäuser, sondern verputzte Fachwerkhäuser. Hier und da siehst Du das auch, wenn der Putz abblättert.

Witzig fand ich auch die Namen der Häuser, „Zur vorderen Jungfrau“, „Zum hinteren Kranich“, „Zur Mohrin“, „Zum Leoparden“ und so weiter. Das waren früher die Adressen, um bei ähnlichen Namen die richtigen Personen zu finden.

Mit dem Nachtwächter unterwegs

Wenn Du zwischen Ende März und Ende Oktober an einem Donnerstag in Konstanz bist, dann kann ich Dir nur wärmstens die Nachtwächterführung empfehlen.

Es geht um 20 Uhr vor dem Haupteingang des Münsters los und Du bekommst einen ziemlich guten Eindruck über das nicht so ehrenvolle Gewerbe des Nachtwächters.

Wer in keiner Zunft als Handwerker ein Auskommen fand oder sich nicht als Tagelöhner verdingen wollte, der hatte nicht allzu viel Auswahl und wurde dann eben Nachtwächter. Mann war dann Feuerwehr, nächtlicher Polizist, Uhrzeitausrufer und Heimleuchter, der den wenigen, die Nachts unterwegs waren, den Weg leuchten konnte.

Der Historiker und Lehrer Ulrich Büttner schlüpft gern in das fast authentische Gewand und es macht wirklich Spaß, ihm zuzuhören. Es gibt keinen verstaubten Geschichtsunterricht, sondern nette Anekdoten über die Hübschlerinnen, die während des Konzils die geistigen und weltlichen Herren nach den Verhandlungen verwöhnten oder die häßliche Wendelgard, die den Konstanzern zu Weinbergen in Meersburg verhalf.

Von Konstanz aus kannst Du übrigens auch bis ans Ende der Welt pilgern. Hier startet einer der Wege nach Santiago de Compostela und wenn Du von dort aus bis Finisterre weitergehst, dann gelangst Du tatsächlich ans Ende der damals bekannten Welt.

Und ich habe erfahren, warum ich den Straßenverkehr in meinem Hotel als Erschütterung mitbekam. Das liegt nämlich nicht am Hotel, sondern am Grund, auf dem das Hotel steht. Dort war nämlich vor ein paar hundert Jahren noch der Bodensee und wurde dann aufgeschüttet. Ähnlich wie in Venedig steht ein guter Teil der Stadt nämlich nicht auf festem Boden sondern auf Eichenpfählen. Und das macht eben den Unterschied.

Dass ich während meiner Studentenzeit in einer Kneipe namens Nachtwächter in Würzburg jobbte, hat aber mit meiner Empfehlung nichts zu tun, ehrlich!

Entlang des Ufers

Ein Besuch der Imperia am Ufer des Bodensees ist natürlich auch ein Muss. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und dreht sich auf einem Sockel. Die Kurtisane selbst hat nicht während des Konzils (1416-1418) gegeben, aber ihre Kolleginnen, deren Dienste sowohl von den geistlichen als auch den weltlichen Herren in Anspruch genommen wurden.

Imperia selbst lebte ca. 80 Jahre nach dem Konzil in Rom.  Nach Konstanz und zum Konzil kam sie durch Honore de Balzacs Tolldreisten Geschichten(einer Sammlung erotischer Geschichten, Werbung).

Bei der Imperia lässt es sich schön flanieren und hier legen auch die Ausflugsboote ab.

Übrigens kannst Du entlang des Ufers bis in die Schweiz laufen. Die Kunstgrenze markiert auch die Landesgrenze. Dort stehen aus Stahlrohren sehr abstrakte Bilder der Großen Arkana des Tarot. Für meinen Geschmack waren sie schon ein wenig zu abstrakt und ich konnte kaum ein Bild richtig zuordnen. Aber immerhin ist das eine nettere Grenzmarkierung als ein Stacheldrahtzaun.

Auf den Spuren der Bronze- und Steinzeit

Ich würde Dir auch einen Ausflug nach Unteruhldingen zum Pfahlbaumuseum empfehlen. Der Ausflug ist mit 26 Euro für Schiff und Eintritt nicht gerade ein Schnäppchen, aber es lohnt sich. Bei schönem Wetter lohnt es sich gleich doppelt, denn dann macht die Bootsfahrt auf dem Bodensee so richtig Spaß.

Das Pfahlbaumuseum ist ein gelungener Mix aus Erlebnis und Multimedia. Bevor Du das Dorf anschaust, geht es durch drei Räume, in denen Du fast real in den Bodensee abtauchst und erlebst, wie Unterwasserarchäologen eine Glasperlenkette finden.

Dann nimmst Du an einer etwa halbstündigen Führung teil, in der einiges zum Alltag aus der Bronze- und Steinzeit erklärt wird.

Im Anschluss kannst Du Dir alles in Ruhe anschauen. Das Dorf besteht aus mehr als 20 Häusern, die aber nicht alle zugänglich sind. Zumindest waren sie es nicht, als ich dort war. Aber es gibt einen guten Eindruck und ich war überrascht, wie groß und hoch die Häuser waren.

Jubiläum

Konstanz feiert von 2014-2018 600 Jahre Konzilsjubiläum und 2016 steht unter der Schirmherrschaft der Imperia. Es wird also spannend und gerade in den Jubiläumsjahren lohnt sich ein Besuch, denn es gibt zahlreiche Sonderveranstaltungen, Ausstellungen und Festspiele.

Übernachtung

Während meines Aufenthaltes habe ich im Hotel Augustiner Tor geschlafen.

Das Zimmer war schön hell und angenehm, das WLAN hat prima funktioniert, was ja für Blogger so ungefähr das Wichtigste bei einem Hotel ist.
Das Frühstücksbuffet war lecker und mein persönliches Highlight war die frische Ananas. Endlich mal kein aufgemotzter Obstsalat aus der Dose, sondern frisches Obst.
Das Hotel selbst war recht ruhig, aber der Preis der zentralen Lage ist, dass ich am Morgen dann doch den Straßenlärm gehört habe.
Die Lage ist übrigens wirklich super. Es ist einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt, der Bodensee und die Altstadt ist schnell zu Fuß zu erreichen.

Überhaupt würde ich Dir empfehlen, mit Bus oder Bahn anzureisen, denn es gibt eigentlich keine kostenlosen Parkplätze in der Innenstadt und auch mein Hotel hatte keinen eigenen Parkplatz.

Das scheint leider die Regel zu sein und Du musst dann auf teure Parkhäuser ausweichen. Die schlagen mit 18 Euro am Tag ordentlich zu Buche. Wenn Du länger bleibst, dann schau, ob Du nicht eine Saisonkarte für zwei oder drei Nächte ziehen kannst. Das macht es etwas billiger und Du zahlst 15 Euro statt 18. Beim Parkhaus von Karstadt geht das zum Beispiel.

Und jetzt Du! Welche Tipps hast Du für Konstanz? Schreibe mir doch in den Kommentare!
Und denke daran – die meisten Grenzen gibt es nur im Kopf!

{Offenlegung: Mein Aufenthalt wurde von der Tourist-Information Konstanz mit Übernachtung und den beiden Stadtführungen unterstützt. Vielen Dank dafür! Auf meinen Bericht hat das keinen Einfluss und mir wurden auch keine Vorgaben hinsichtlich des Inhalts gemacht.}

Die Innenaufnahmen im Pfahlbaumuseum wurden mir von der Leitung zur Verfügung gestellt.

 
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