Jeder hat bestimmte Ideen und Vorstellungen im Kopf, wenn er in ein unbekanntes Land fährt, so auch ich, ganz klar. Und ich wette, auch du hast bestimmte Vorstellungen über China im Kopf.

Ich möchte dir hier erzählen, welche Vorurteile sich für mich bestätigt haben und welche nicht. Alles ist natürlich völlig subjektiv und ich will hier auch nicht unbedingt diskutieren, was richtig und was falsch ist.

1. Chinesen essen alles

Das war definitiv ein Vorurteil, das sich für mich bestätigt hat. Es gibt ja auch den netten Spruch, Chinesen würden alles mit 4 Beinen essen außer einem Tisch und alles, was unter Wasser schwimmt außer einem U-Boot.
Und ja, Hund und Katze kommen wohl auch im tiefen Süden in der Provinz Guangdong, auf den Tisch, aber das dann auch eher selten.

Mit du eher rechnen darfst sind Hühnerfüße, Entenfüße (die Schwimmhäute sollen delikat sein, ich habe verzichtet), Hühnerköpfe, Schnecken, Feuerquallen, Frösche, Schweinefüße, dicke Schweineschwarten und dergleichen mehr.
Auch finde ich es ein wenig gewöhnungsbedürftig, dass das Fleisch einfach so zerhackt wird, auch mit Knochen. Da heißt es einfach vorsichtig sein und beim Essen aufpassen, dass man nicht aus Versehen ein paar Knochen verschluckt.

Auf die Rückfrage, was denn Chinesen an deutscher Küche eklig finden, kam übrigens vom Guide wie aus der Pistole geschossen Vollkornbrot und es hat ihn kräftig geschüttelt.

2. In China liegt Abfall herum

Gut, ich gebe zu, da habe ich mir keine Gedanken gemacht, aber mich hat die Sauberkeit in den Großstädten, die ich besucht habe, völlig überrascht.

Ich bin ja schon viel in Asien unterwegs gewesen und auch die chinesischen Ecken in Malaysia oder Indonesien haben sich da nicht wirklich vom Rest des Landes unterschieden.
Aber so sauber hatte ich mir China wirklich nicht vorgestellt. Ständig wuselte jemand mit einem Reisigbesen und einer Schaufel herum und war am Fegen.

Von Singapur abgesehen habe ich keine saubereren Ecken in Asien gehen.

3. Chinesen sind alle Atheisten

Das trifft wahrscheinlich tatsächlich auf die meisten Chinesen zu, denn es ist immer noch ein kommunistisches Land.

War es nicht auch Marx, einer der geistigen Väter, der sagte, dass Religion Opium für das Volk sei? Immerhin wurden auch viele Klöster in der Kulturrevolution zerstört.

Aber immerhin scheint es wieder etwas lockerer zu sein, denn ich habe doch einige Menschen in den Tempeln beten sehen, was mich ehrlich gesagt auch ziemlich gefreut hat.
Auch die offiziellen Zahlen verzeichnen einen Zuwachs und viele Chinesen sehen es mit der Religionszugehörigkeit nicht so eng und sehen sich zwei oder mehr Religionen verbunden.

4. Chinesen verlieren nie das Gesicht

Dieses Vorurteil trifft sicher auf viele Chinesen zu, aber es kann auch durchaus einmal passieren, dass ein Chinese emotional wird und es kommt natürlich auch mal zu Schlägereien.

Wenn du selbst in China unterwegs bist, solltest du dennoch darauf achten, dass du recht kontrolliert bist und dich nicht zu sehr emotional wirst.

Ich gebe zu, mir ist die Contenance auch ein wenig abhanden gekommen, als mein Gepäck in Shuzhou weilte, während ich schon in Shanghai war, aber die Regel sollte es nicht sein.

Gerade auf dem Land oder wenn du individuell unterwegs bist, solltest du wirklich darauf achten, das Gesicht zu wahren. Das bedeutet, keine offene Kritik zu üben, egal ob am Gegenüber oder erst recht nicht am Staat oder hierarchischen Strukturen. Es bedeutet auch respektvollen und bescheidenen Umgang miteinander und dass du den anderen nicht in einem schlechten Licht erscheinen lässt.

5. Chinesisches Bier schmeckt nicht

Wenn man aus Bayern kommt, dann ist es sicher nicht einfach, dem chinesischen Bier etwas abzugewinnen, aber es geht.

Zuerst muss man sich einfach daran gewöhnen, dass das chinesische Bier leichter ist als das deutsche. Daher kann man auch gut einmal ein Bier zum Mittagessen trinken, um z.B. die gummiartigen Feuerquallen herunterzuspülen. Nach ein paar Tagen hatte ich mich zumindest an das Bier gewöhnt und fand es durchaus auch gut trinkbar.

Übrigens bekommt selten jeder am großen runden Esstisch sein eigenes Bier. Die Flaschen werden aufgeteilt und wenn sie leer sind, wird wieder nachbestellt.

6. Chinesen trinken nur Tee

Dieses Vorurteil wird schon durch den Punkt 5 wiederlegt und stimmt einfach nicht.

Du bekommst überall Wasser und die üblichen Softdrinks und ja, natürlich auch Tee. In der Altstadt von Shanghai kannst du für 50 Yüan eine Teezeremonie erleben und dabei verschiedenen Teesorten verkosten.

Wenn du aber auf der Straße von den üblichen Studenten oder Pärchen angesprochen wirst, die erst ihr Englisch trainieren wollen oder dir sonst eine Geschichte erzählen und dich dann zu einer Teezeremonie einladen, dann lass die Finger davon. In 99,9% der Fälle ist das eine fiese Touristenabzocke und handelt dir einfach nur Ärger ein.

Übrigens ist der Drachenbrunnentee aus Hangzhou einer der bekanntesten und besten Tees. Den solltest du dir in jedem Fall mitnehmen und er eignet sich auch prima als Mitbringsel. Der richtig gute Tee kann fünf Mal und öfter aufgegossen werden. Du hast also richtig viel davon.

7. Chinesen können kein R aussprechen

Das stimmt nicht, auch wenn es ihnen schwer fällt. Aber im Ernst, es gibt in jeder Sprache Laute, die den Fremden schwer fallen und bei den Chinesen ist es eben das R. Aber ich habe einige getroffen, die es aussprechen konnten.

8. Chinesen laufen immer mit Mundschutz herum

Auch dieses Vorurteil habe ich nicht bestätigt gesehen.

Ich habe ehrlich gesagt deutlich mehr Menschen in Kathmandu mit Mundschutz herumlaufen sehen als in Shanghai, Suzhou oder Hangzhou und es hätte in Nepal nicht viel gefehlt, da hätte ich mir auch einen gekauft.

Während meiner Reise in China habe ich nur vereinzelt Menschen mit Mundschutz gesehen. Das mag auch daran liegen, dass fast alle Motorroller inzwischen elektrisch sind und daher die Abgase schon reduziert wurden.

In den Städten wirst du kaum mehr noch die lauten, stinkenden und knatternden Gefährte sehen. Das hat aber auch den Nachteil, dass du sie nicht hörst. Wenn du herumläufst musst du daher aufpassen, dass du nicht vor einen der lautlosen Roller läufst.

9. Chinesen essen immer Reis

Wenn der Chinese Reis isst, dann ist es kein gutes Zeichen.

In einem chinesischen Lokal kommt der Reis erst zum Schluss und wenn er gegessen wird, ist es ein Zeichen, dass nicht genug von den anderen Gerichten da war.

Wenn alle Teller mit den vielen unterschiedlichen Speisen leer sind und der Gast zum Reis greift, dann verliert der Gastgeber das Gesicht.

Bei uns Europäern wird das ein wenig entspannter gesehen, denn gerade in den internationalen Hotels und Restaurants der Großstädte weiß man inzwischen, dass da die Europäer anders ticken.

Wenn du also deinen Gastgeber nicht in Verlegenheit bringen willst, dann iss lieber keinen Reis. Und fülle dir immer die kleine Schüssel auf, der Teller dient für Knochen oder Schalen und andere Abfälle.

10. In China wird das Internet beschränkt

Äh…ja. Wenn du im Land unterwegs bist, dann vergiss einfach Twitter, Facebook, Instagram, Google & Co.. Das bedeutet auch, dass du keinen Zugriff auf Gmail etc. hast.

Du kannst das Ganze mit VPN-Apps umgehen, aber sicher ist es immer noch nicht. Bei mir ging es die ersten Tage, so dass ich Bilder von meinen schönen Erlebnissen posten konnte, aber dann auch nicht mehr. Ob und welcher VPN geht, ist auch immer Glückssache und von Buddha, Konfuzius oder dem Staat abhängig.

Eine Reise nach China ist also der ideale Anlass, wenn du mal Digital Detox machen willst. Immerhin gibt es sehr häufig WiFi in den Hotels und Restaurants. Email (außer eben Gmail, Web.de etc.) oder direkte Links haben bei mir wunderbar funktioniert.

Das waren meine 10 Vorurteile zu China, die sich teilweise bestätigt haben, teilweise widerlegt wurden.
Und jetzt du: Welche Vorurteile hast du zum Land der Mitte? Warst du schon einmal dort? Wie ist es dir ergangen?

{Offenlegung: Nach China wurde ich vom Fremdenverkehrsamt der Volksrepublik China und der Agentur One Billion Voices eingeladen. Vielen Dank dafür! Auf meinen Bericht hat das keinen Einfluss und mir wurden auch keine Vorgaben hinsichtlich des Inhalts gemacht.}

 
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