Es war einmal eine Stadt, deren Klang mich in die Welt von 1001 Nacht entführte.

Sie hieß Damaskus und war eine uralte Stadt, viel älter als die ewige Stadt Rom, älter als Athen und von den Städten in Europa spreche ich nicht.

Damaskus (oder Aram, wie sie früher hieß), wird schon in der Bibel erwähnt und der Legende nach von einem Enkel Noahs gegründet.

Sie ist eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte der Welt und die Altstadt war eine Perle des Orients, eine Perle, die nun verloren ist.

Ich möchte dich heute in eine Märchenwelt entführen, denn so wie Märchen einen wahren Kern haben, so hat dieser Artikel auch einen wahren Kern, oder sollte ich besser sagen, hatte.

Als ich die Bilder eingescannt habe und für dich bearbeitet und online gestellt habe, wurde ich immer trauriger, denn du wirst die Stadt leider nie so erleben, wie ich sie in 2000 erleben durfte.

Ich wäre gern noch einmal nach Syrien gereist, aber das wird leider nur ein Traum bleiben.

Für mich war die Altstadt von Damaskus tatsächlich ein Eintauchen in den Zauber des Orients.

In der Altstadt

Die hektische Stadt außerhalb der alten Mauern war nicht so wirklich berauschend, viel Verkehr, Gehupe, Menschenmengen und irgendwie austauschbar.

Aber sobald ich die Altstadt durch die Überreste des alten Jupitertempels betrat und in den Suq el-Hamidiye betrat, tauchte ich in eine fremde Welt ein.

Ich ließ mich durch die engen Gassen treiben und roch, ja, was eigentlich… Die Wohlgerüche des Orients waren es nicht immer, aber es war immer exotisch. Fremde Gewürze, Datteln, Orangeschalen auf dem Boden, ab und zu ein Hauch Weihrauch und manch unbekanntes stieg mir in die Nase.

Doch noch mehr Eindrücke warteten auf meine Augen. Kleine Stände, an denen es getrocknete Aprikosen für Zwischendurch gab, kleine Läden, die irgendwie alles verkauften,  von Kalebassen über Geweihe, Gewürze, Schlangehäute bis hin zu Schildkrötenpanzer und Heilmittel mit zweifelhafter Wirkung.

Natürlich gab es auch die obligatorischen Cafés, in denen die Männer saßen und ihre Shisha rauchten, lange bevor es in Deutschland beliebt wurde und bei uns die Shisa-Bars wie Pilze aus der Erde schossen.

Und nicht nur die Männer trafen sich auf einen Schwatz und eine nach Apfel duftenden Wasserpfeife, nein.

Zu meiner Überraschung sah ich auch häufig kichernde und lachende Frauengruppen, die genauso an den Pfeifen zogen und sichtlich Spaß hatten. So wie wir uns auch in einem Café mit Freundinnen verabreden, taten es auch die Syrerinnen damals, in den Tagen vor dem Krieg. Genauso wie wir saßen sie zusammen, tauschten den neusten Klatsch aus und tranken dazu Tee, naschten süße Köstlichkeiten und hatten einfach eine gute Zeit.

Zwischen den Läden gab es auch kleine Imbiss-Stände. Der Döner natürlich aus Lamm, aber es gab auch Huhn, Humus, Pastrami, Taboulé, Fattush, Shish Tavouk und andere Leckereien.

Die üblichen Fast-Food-Ketten suchte man vergeblich und das war auch gut so. Die Küche war authentisch, arabisch, keine Schnitzel mit Pommes. Das wäre in einem arabischen Land auch etwas schräg gewesen, es hätte dann schon auch ein echtes Wiener Schnitzel aus Kalb sein müssen.

Damaskus hatte damals auch einen großen Vorteil: es gab selbst damals kaum Touristen, denn das Land hatte nicht den allerbesten Ruf, meiner Meinung nach völlig zu Unrecht. Aber dafür war es nicht so überschwemmt wie Ägypten, so überlaufen wie Tunesien oder die Türkei.

In den alten Karawansereien war er noch deutlicher, der Zauber der Vergangenheit.

Früher dienten die großen Häuser den Kaufleuten als Lager und Raststätte, später waren es große Geschäfte, voll mit Antiquitäten, Teppichen, Kaffeekannen aus Messing und orientalischem Tand. Eigentlich hatte sich nicht wirklich viel verändert…
Alkohol gab es übrigens auch. Die Syrer haben es mit dem Verbot nicht so ernst genommen und Arak galt damals schon fast als Nationalgetränk. Mit Wasser vermischt war er milchig und schmeckte wie der griechische Kollege ziemlich nach Anis.

Nach einem üppigen Essen war das sicher nicht das schlechteste, aber so als alleinreisende Frau habe ich mich dann doch eher an Wasser, Tee und frisch gepressten Orangensaft gehalten.

Es war damals so entspannt, sich durch den Suq treiben zu lassen, durch die engen Gassen zu schlendern und sich in die Welt von Ali Baba und Scheherazade zu träumen.Die meisten Tore waren verschlossen, das Familienleben spielte sich hinter hohen Mauern ab. Aber ab und zu konnte ich dann doch einen Blick in kleine Höfe oder Gärten erhaschen und ich fragte mich oft, wie es denn in den Häusern aussah.

So blieb meiner Phantasie einiges überlassen und ich stellte mir plätschernde Brunnen und gekachelte Innenhöfe vor. Vielleicht stand in einer Ecke ein bequeme Diwan mit rotem, etwas verblichenen Stoff. Auf ihm lag die wunderschöne Herrin des Hauses und nippte an ihrem Tee, während kleine Katzen herumtollten.

In Damaskus lebten übrigens auch Christen und wenn du einigermaßen bibelfest bist, dann kennst du auch Saulus, aus dem später Paulus wurde. Er soll auf dem Weg nach Damaskus bekehrt worden sein und war später als Missionar unterwegs. In Damaskus gab es die Ananias-Kapelle und auch eine Paulus-Kapelle, beide eng mit dem Heiligen verbunden.

Ich fand beide nicht so überwältigend, mich hat eher das malerische Gassengewirr in seinen Bann gezogen.

Die Altstadt von Damaskus und die umliegenden Viertel konnte ich übrigens gut zu Fuß erkunden, ohne auf diese farbenfrohen Busse angewiesen zu sein. Die Überlandbusse waren nicht ganz so geschmückt, aber in einem etwas besseren Zustand. Zumindest, soweit ich mich daran erinnern kann. Angekommen bin ich jedenfalls immer.

Azeem-Palast

Am Ende des Suqs kam man zu einem wunderbaren Palast. Früher war es die Residenz osmanischen Gouverneurs Assad Pascha al-Azem und zur Zeit meines Besuchs war es das Nationalmuseum für syrische Kunst und Volkstradition.

Es war ein idyllischer Ort mit vielen Bäumen und Springbrunnen, ein friedlicher Ort innerhalb des geschäftigen Gewimmels der Altstadt.

Die Räume waren prächtig ausgestattet und ich bekam einen schönen Einblick, wie das Leben der Oberschicht damals ausgesehen haben muss.

Teilweise waren auch mit lebensgroßen Puppen Alltagsszenen dargestellt, aber ich war in Syrien im Jahr 2000, lange vor dem Zeitalter der Digicams und endlosen Speichermöglichkeiten.

Die Fotos sind alles eingescannte Dias und da ich nur einen begrenzten Vorrat an Filmen mit mir herumgeschleppt habe, musste ich mich begrenzen. Schade…, ich hätte dir gern noch mehr aus dem Palast gezeigt.

Die Umayyaden-Moschee

Am Ende der Hauptgasse, die durch den Suq führte, gelangte man zur Umayyaden-Moschee, einer der ältesten Moscheen der Welt. In der vorislamischen Zeit war es eine Basilika, die Johannes dem Täufer geweiht war.

Sein Schrein, in dem sein Kopf aufbewahrt werden soll, wurde in die Moschee integriert und von den Menschen hoch verehrt. Johannes der Täufer gilt als drittletzter Prophet vor Jesus (Isa) und Mohammed.

Trotz langer Hose und bedeckter Arme musste ich mir daher für diesen heiligen Ort eine Kutte anziehen, damit auch mein Kopf und eigentlich alles anständig bedeckt ist.

Witzigerweise war die Kutte kürzer als meine Hose, aber egal.

Die Moschee war einfach wunderschön mit dem Innenhof, dem Eingang mit den Mosaiken, dem Waschplatz und dem Schatzhaus, in dem wohl die Spenden der Gläubigen aufbewahrt wurden.

An der Front war das Paradies dargestellt, einfach unglaublich schön.

Die Atmosphäre war damals friedlich und sehr entspannt, wie ich es eigentlich überall empfunden habe. 

Sayyida Ruqayya Moschee

In Damaskus gab es zwei Moscheen im persischen Stil, die Sayyida Ruqayya Moschee und das Zaynab Mausoleum.

Die  Sayyida Ruqayya Moschee war ein wenig außerhalb der Altstadt, aber immer noch prima zu Fuß zu erreichen, einen Steinwurf von der Umayyaden-Moschee entfernt.

Prächtig war sie mit dem weißen Marmor und den grünen Einlegearbeiten und goldenen Kalligarphien.

Doch innen, das war einfach der Hammer, unglaublich und wunderschön – eine glitzernde Pracht aus Spiegeln, blauen und türkisenen Kachelen, eine Augenweide.

Männer und Frauen waren streng getrennt und es war auch für mich als Nicht-Muslima kein Problem, mich in eine Ecke zu setzen und einfach nur zu staunen und diese Schönheit zu bewundern.

In der Moschee befand sich übrigens das Grab einer Frau, der Tochter von Al-Husayn ibn ‘Alī, Mohammeds Enkel, also damit seiner Urenkelin. Ich fand es zumindest bemerkenswert, dass einer Frau so ein Denkmal gesetzt wurde.

Das erklärte auch für mich, warum diese Moschee gerade bei Frauen so beliebt gewesen zu sein scheint.

Zaynab-Mausoleum

Ebenfalls wunderschön im persischen Stil und auch wieder einer Frau gewidmet war das Zaynab-Mausoleum.

Hier soll Zainab bint Ali, die Tochter des Imam ʿAlī ibn Abī Tālib und Fatima bint Mohammed und damit Enkel vom Mohammed begraben worden sein. Ein anderes Grab in Kairo beansprucht ebenfalls, ihre letzte Ruhestätte zu sein.

Hier durfte ich jedoch trotz Kutte nicht hinein, nur ein Blick durch die Gitter war gestattet. Doch auch in dieser Moschee funkelte und glitzerte es, ähnlich wie in der Sayyida Ruqayya Moschee. Aber immerhin durfte ich in den Hof und dort den prächtigen Anblick genießen.

 
Und jetzt Du: Warst Du mal in Damaskus, als es noch so wunderschön war?
Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.
 
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