Immer, wenn ich unterwegs erzählt habe, dass ich über Medan nach Malaysia fliege und dort übernachten werde, weil mein Anschlussflug am nächsten Tag gegen Mittag geht, blickte ich in entsetzte oder mitleidige Gesichter. Aussagen wie „Mein Beileid“, ironische wie „Viel Spaß“ oder Horrorstories von Asthmaanfällen und unglaublichem Smog waren die Regel, keine Ausnahme.

Ich bin also mit ziemlich abschreckenden Bildern im Kopf in Medan angekommen.

Das Touristentaxi hat mich brav vor meinem Guest House abgesetzt. Ja, davor war auch eine vier-, wobei eigentlich sechs- bis achtspurige Straße. Aber mit Fußgängerbrücke. Nicht so wie in Sanur/Bali, wo ich ewig lang bis zu einer Ampel laufen oder mich todesmutig in Verkehrslücken über die Straße stürzen musste.

Und, was soll ich sagen? Ja, in Medan gibt es Smog und viel Verkehr. Das ist auch nicht weiter erstaunlich, denn die Stadt ist mit mehr als 2 Millionen Einwohnern die drittgrößte Indonesiens. Dass es da nicht wie einem Rosengarten im Frühsommer duftet ist klar und dass die Straßen nicht gerade leer sind, auch. Und? Damit kann man rechnen.

medan_06

Ein wenig Kultur muss sein

Das Guest House war nett, sauber, eigenes Bad, was will man mehr? Also mir hat es gereicht.

Die Mesjid Raya mit ihren markanten schwarzen Kuppeln war in direkter Nachbarschaft und daher dann auch gleich mein erstes Ziel für meinen Nachmittagsspaziergang.
Du zahlst keinen Eintritt, aber es wird eine Spende erwartet. Ca. 5000 INDR (ca. 0,35 Euro) sind ok. Und natürlich solltest Du angemessen angezogen sein und als Frau innen auch die Haare bedecken. Mein Lieblings-Loop, den ich immer dabei habe, hat sich dafür auch gut geeignet.

Im Inneren der Moschee sind die Gebetsräume nach Geschlechtern getrennt, die Frauen natürlich hinter den Männern. Aber als Touri-Frau durfte ich auch den Bereich der Männer betreten und Fotos machen.medan_01Die Moschee ist schön schlicht gehalten mit ihren Säulen aus italienischen Marmor und chinesischen Glasfenstern.
Ich hatte auch einen Führer, der mir so einiges erklärt hat, Bezahlung war auf freiwilliger Basis. Er erzählte mir auch, dass direkt in der Nähe der Sultanspalast ist und ich den doch auch besuchen sollte.

Der Palast Istana Maimoon wird teilweise noch von Mitgliedern der Sultansfamilie bewohnt und ist daher nur zu einem kleinen Teil zugänglich. medan_03Ich war, wie auch in der Moschee, die einzige weiße Nase, alle anderen Besucher waren Indonesier.

Die ersten Besucher, die ich sah, trugen bunte Kostüme und ich dachte zuerst, ich wäre in eine Veranstaltung oder in eine Hochzeit geplatzt. Dem war aber nicht so, auch wenn die Hochzeit noch kommen sollte. Im Palast gibt es nämlich einen Kostümverleih und die Indonesier hatten einen Riesenspaß dabei, sich in die Sultansklamotten zu werfen und sich vor dem Thron abzulichten.medan_02Sonst gibt es nicht wirklich viel zu sehen, ein paar traditionelle Ritualdolche, ein paar Bilder und ein paar Tassen und Teller. Aber die Stimmung war wirklich locker und fröhlich und es hat Spaß gemacht, die Einheimischen zu beobachten, wie sie ganz würdig einen auf adelig machen, das Smartphone und die Kamera ständig im Anschlag.

Ich lief dann wieder Richtung Moschee zurück, weil ich mich eigentlich noch auf die Suche nach einer Spa machen wollte, um mir eine Massage zu gönnen.

Ich als Hochzeitscrasher

Ich kam dabei an den großen Hochzeitsankündigungen vorbei und konnte natürlich nicht vorbeigehen, ohne ein Foto zu machen. Dazu Musik. Eine Hochzeit? Ich ging ein wenig näher und wurde schon entdeckt. Und eingeladen. Hochzeit Nr. 3 in Indonesien.

medan_07Wie selbstverständlich wurde mir erst ein Teller in die Hand gedrückt und ich sollte mir doch etwas zu essen nehmen. Das habe ich auch getan und es war auch wirklich lecker.

Das Brautpaar saß in traditioneller Tracht auf einem Thron und nahm die Glückwünsche entgegen. Ich durfte auch Bilder machen und da ich eh schon da war, auch gleich mit dem Brautpaar mit. Natürlich wurde auch alles auf Video und Foto von den Indonesiern selbst festgehalten. Wenn ich mir so überlege, wie die Reaktion wäre, wenn ein Asiate bei einer bayerischen Hochzeit hereinschneit… ich bin nicht sicher, ob da eine genauso große Gastfreundschaft wäre.

medan_04Mit Händen und Füßen klappte auch die Verständigung rudimentär und ich habe mir eines vorgenommen – das nächste Mal, bevor ich nach Indonesien fahre, lerne ich ein paar Brocken Bahasa. Definitiv!
Aber auch so wurde mir schnell klar gemacht, dass die Damen und Mädchen ein Foto oder ein Selfie mit der Ausländerin haben wollten und wir hatten dabei viel Spaß miteinander.

Die Band spielte indonesische Songs und eine ältere Dame hatte sichtlich ihr Vergnügen daran, Luftgitarre zu spielen und zu tanzen. Es war wirklich eine Show und herrlich anzusehen.

medan_08

Irgendwann habe ich mich dann doch verabschiedet, aber ich fand, das war ein wirklich netter Abschluss meines kleinen Spazierganges.

Begehrtes Opfer von Schülerinnen

Aber bevor ich zum Hotel zurück bin, wurde ich von einer Gruppe von Schülerinnen angesprochen, die im Auftrag ihrer Lehrerinnen unterwegs waren und Touristen interviewen sollten. Sie sollten so auch ihr Englisch üben. Die Mädels waren wirklich zu süß. Immer wurde das mutigste Mädel vorgeschickt, um mich anzusprechen, bei den Fragen wechselten sie sich ab und alles wurde natürlich mit dem Smartphone gefilmt. Und natürlich gab es dann auch ein Foto mit mir.

Nach ein paar Schritten hatte mich schon die nächste Gruppe von Mädchen im Visier. Andere Mädels, die selben Fragen, Fotos und Film. Das ging dann noch weitere zwei Male so. Ich möchte nicht wissen, auf wie vielen indonesischen Facebookseiten ich zu sehen war und in wie vielen Klassenzimmern.medan_05

Ich muss zugeben, vor der fünften Gruppe  bin ich dann zum McDonald´s geflüchtet, denn irgendwann wurde es mir zuviel, ständig dieselben Fragen zu beantworten.

Ich hatte also unter´m Strich einen wirklich lustigen und schönen Nachmittag in Medan. Ich kann nicht wirklich verstehen, warum alle die Stadt so fürchterlich finden. Allein schon die Moschee und der Palast sind einen Besuch wert, die Hochzeit war da noch einmal das Sahnehäubchen. Wer Medan übel findet, der war noch nicht in Makassar. Und es hat sich mal wieder gezeigt, dass man sich sein eigenes Bild machen soll.

Und jetzt Du! Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.
 
Dir hat der Beitrag gefallen? Dann teile ihn doch mit deinen Freunden