Ich muss gestehen, wenn ich an meine vergangenen Reisen zurückdenke, dann werde ich ziemlich wehmütig. Viele Orte, die ich besucht habe, wirst du so nie erleben. Manche Städte wurden durch Erdbeben zerstört, andere durch unsägliches menschliches Verhalten, aber das Endergebnis ist leider in beiden Fällen dasselbe – die Orte sind für immer verloren.

Ich möchte dir mit einigen Beiträgen, die im nächsten Jahr in lockerer Folge erscheinen werden, ein Fenster in die Vergangenheit öffnen und beginne mit Palmyra.

Ich nehme dich mit in das Jahr 2000, als ich dieses damals so schöne und faszinierende Land Syrien besucht habe.

Im Herzen der syrischen Wüste lag einmal die legendäre Oasenstadt Palmyra. Die Wüste in Syrien ist keine Sandwüste, wie du sie dir von der Sahra vorstellst, sondern eher eine Steinwüste, trocken und heiß. Nur Palmyra selbst war ein grüner Fleck inmitten des sandigen Gelb, das bis zum Horizont reichte.

Damals gehörte Palmyra neben Damaskus, Aleppo und der Kreuzritterburg Crac de Chaevalier zu den absoluten Must-Sees des Landes und war einen Aufenthalt von mindestens zwei Tagen wert.

Damals war nur ein Bruchteil der versunkenen Stadt der ausgegraben und viele unentdeckte Schätze schlummerten noch im Wüstensand.

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Ich habe mir Palmyra an zwei halben Tagen angeschaut, denn ich bin mit dem Bus aus Damaskus angekommen und hatte dann noch den Nachmittag zur Verfügung.

Damals gab es, wie überall im Orient, selbsternannte Führer und Fahrer. Das war eigentlich auch ganz praktisch, denn ich hätte sonst kaum den Weg zu den Nekropolen südwestlich der Stadt gefunden. Auch Ausflüge in die Wüste zu schon damals fast vergessenen Orten wie dem Wüstenschloss Qasr al-Hair ash Sharqi wären nicht möglich gewesen.

Eine offizielle Führung durch die Totenstadt habe ich mir  gespart, denn die Grabtürme wurden mir dank Trinkgeld und meines Fahrers aufgesperrt, so dass ich sie für mich allein hatte. Das war schon ziemlich beeindruckend und mir auch deutlich lieber, denn als ich schon am Gehen war, fiel eine große Gruppe ein und man sah vor lauter Menschen kaum mehr die Statuen oder die Malereien. Auch war damit gleich die ruhige Stimmung verschwunden.

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Den besten Überblick über Palmyra hatte man damals von der Burg Qala´at Ibn Maan.

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Besonders schön war es am späten Nachmittag, als die Ruinen und die Wüste in rot-goldenes Licht getaucht wurden und die Sonne langsam unterging. Anfang April blies dann auch ein ziemlich kalter Wind und ich war froh darüber, dass ich einen Pulli dabei hatte. Eine winddichte Jacke wäre noch besser gewesen, aber irgendwie habe ich gedacht, es wäre Frühling, ich im Süden und die Temperaturen deutlich höher.

Nach Sonnenuntergang wurden die Ruinen angestrahlt. Es war keine spektakuläre Sound-and-Light-Show, wie ich sie aus Ägypten kannte, aber so fast allein durch die die Kolonnadenstraße in Richtung Theater zu gehen, dass war schon etwas Besonderes und die Zeit schien stillzustehen.

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Den nächsten Tag verbrachte ich mit der Erkundung der Stadt.

Der erste Stop war der Tempel des Baal, des obersten Gottes, der mit Zeus und Jupiter gleichgesetzt wurde. Der Tempel war gut erhalten, eigentlich fehlte nur das Dach.

Nur hier musste ich ein Ticket kaufen, das ganze übrige Areal der Stadt konnte ich jederzeit und kostenlos betreten, auch ungewöhnlich.

Sonst wird und wurde einem immer ein ordentliches Eintrittsgeld abgeknöpft, aber in Palmyra konnte ich mich völlig ungestört bewegen.

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Keine Aufsicht, keine Wächter, keine Sicherheitsvorkehrungen. Das machte den Besuch auch unglaublich angenehm, denn irgendwie war die antike Stadt dann doch quasi ein Stadtteil der modernen Stadt Tadmor, wo sich Hotels, Restaurants und Geschäfte befanden.

Auf der anderen Straßenseite war die Stadt selbst. Ich betrat sie durch das Hadrianstor, das 2015 zerstört wurde.

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An das Tor schloss sich die Prachtstraße an, eine etwa einen Kilometer lange Kolonnadenstraße. Was für ein Anblick musste das für die antiken Reisenden gewesen sein.

Bevor die Straße einen kleinen Knick machte, bildete der Tetraplyon eine Zäsur. Von den Granitsäulen war nur eine wirklich antik, aber das hat der Harmonie und  dem Eindruck keinen Abbruch getan.

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Direkt daneben befand sich das Theater, in dem wie in wahrscheinlich allen antiken Theatern eine Gruppe die Akustik mit Lieder und lauten Rufen ausprobierte.

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Rechts und links von der Prachtstraße gab es noch etliche Grundmauern von Häusern und gepflasterte Straßen, so dass ich mir mit ein wenig Phantasie vorstellen konnte, wie quirlig und lebendig damals die Stadt gewesen sein muss.

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Manche Säule lag noch herum und wartete darauf, wieder aufgerichtet und an die richtige Stelle gestellt zu werden. Wahrscheinlich ist sie inzwischen genauso zerstört wie der kleine Tempel des Baalschamin, der sich innerhalb der Stadt befand.

Und jetzt Du: Warst Du vielleicht selbst noch in Palmyra? Welche lost places kennst Du?
Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.
 
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