Die meisten meiner Besucher kennen Aleppo nur aus den Nachrichten, zerbombt, zerstört, verwüstet.

Bei Palmyra ist schon meine grundsätzliche Entscheidung gefallen,  die lost places von Syrien vorzustellen und damit zu zeigen, WAS alles neben der humanitären Tragödie in Syrien noch alles verloren ging.

Selbst in den Zeiten, in denen man nach Syrien reisen konnte, hatte es ein gewisses Stigma und viele haben nicht verstanden, warum ich in dieses Land reise und noch weniger, warum ich so begeistert war.

Syrien war damals eine unglaubliche Schatzkammer an Kulturgütern. Die Menschen waren freundlich und hilfsbereit, das Klima angenehm mediterran, eigentlich ein ideales Reiseziel.

Im Gegensatz zu Jordanien gab es im Jahr 2000 nicht überall Coca-Cola und das 08/15-Fast Food, sondern es war viel weniger vom Westen beeinflusst.

Aleppo und Damaskus waren die beiden Metropolen und jede der beiden Städte beanspruchte für sich, älter zu sein.

Ich hatte mich schon in Damaskus verliebt, da hatte Aleppo einen schweren Stand und ich muss zugeben, hätte ich nicht im Museum den Direktor kennengelernt, wäre ich auch wohl schon am übernächsten Tag wieder Richtung Damaskus abgereist. Am Ende blieb ich doch ein wenig länger.

1. Aleppo

Ich hatte in Damaskus versäumt, das Nationalmuseum zu besuchen und so habe ich die Niederlassung in Aleppo besucht.

Schon am Eingang begrüßten mich Fabelwesen und auch innen habe ich viele Statuen und Reliefs von ganz verschiedenen Mischwesen bestaunt, die mehr als 2000 Jahre alt waren.

Mit den hellen Augen wirkten sie schon recht eindrucksvoll.

Ich muss einen ziemlich interessierten Eindruck gemacht haben, denn irgendwann sprach mich ein älterer Syrer an und fragte, ob ich die erwartete Studentin war. War ich nicht, aber wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass ich mit dem Museumsdirektor sprach.

Meine Neugier und mein Interesse schienen Eindruck gemacht zu haben, so dass er mich schließlich auch in die Räume ließ, in die eigentlich keine Touristen zugelassen waren. Dort befanden sich unzählige syrisch-orthodoxe Ikonen, die auch Jahrhunderte alt waren. Ich hatte sie damals ganz für mich allein und war überwältigt von der Pracht und Kunstfertigkeit der Maler.

Da es in der Umgebung von Aleppo noch einiges zu entdecken gab, ich aber keinen Fahrer hatte und auch nicht so genau wusste, wie ich mir einen organisieren soll, hat der Direktor mir angeboten, das Problem zu lösen und mir einen Fahrer zu bestellen. Da konnte ich schlecht „nein“ sagen und ich konnte auch sicher sein, dass alles in Ordnung wäre.

In Aleppo selbst habe ich mir noch die imposante Zitadelle, das Bimaristan a-Arghan und den Suq angeschaut.

Die Zitadelle auf dem Hügel war schon eine Stadt für sich selbst, aber viel war nicht mehr übrig und im Inneren der Mauern war es ein ziemliches Ruinenfeld.

Da auch die letzten Tage schon ein ziemlicher Wind Sand durch die Straßen fegte, war die an sich wohl gute Aussicht über die Stadt ziemlich mies. Der Smog tat sein Übriges, so dass Aleppo unter einer ockerfarbenen Dunstglocke versank.

Im Inneren der Zitadelle konnte man immerhin noch den Thronsaal besichtigen, der wirklich riesig war. Besonders die Einlegearbeiten fand ich schön, egal, ob aus Stein oder Holz mit Perlmutt.

Das Bimaristan a-Arghan war ein Krankenhaus aus dem Mittelalter und wurde auch bis ins letzte Jahrhundert für psychisch Kranke genutzt. Es war schon beklemmend, die engen Zellen zu sehen, aber doch interessant und damals definitiv einen Besuch wert.

Der Suq von Aleppo dagegen hat mich nicht wirklich begeistert. Wie in diesen Ländern üblich hingen die Tierkadaver ohne Kühlung an den Mauern und Türen, Fliegen schwirrten herum und wurden nur halbherzig vertrieben. Mit einer Kamera unterwegs zu sein wurde da nicht wirklich gern gesehen und so ließ ich sie stecken. Der Bereich mit den Gewürzen war dagegen recht angenehm, gerade für die Nase, die sich dort nach dem Geruch und Fleisch erholen konnte.

Ein Highlight hatte Aleppo aber doch: Das Baron Hotel, wo seinerzeit Agatha Christie Teile ihres Klassikers „Mord im Orientexpress“ geschrieben haben soll. Auch Lawrence von Arabien sowie zahlreiche gekrönte Häupter waren dort zu Gast.

Der Glanz des Baron war schon damals ein wenig verblasst, aber immer noch hatte es einen gewissen kolonialen Charme. In den Ledersesseln versinken und über die gute alte Zeit nachdenken… Es gab schlechtere Plätze für ein Bier oder einen Arrak in der Stadt.

2. Simeonskloster

Ohne Zweifel war damals das Simeonskloster ein Anziehungspunkt für einheimische und ausländische Touristen.

Simeon war ein Säulenheiliger mit einem gewissen Hang zur Selbstkasteiung. Er ließ sich an Felsen ketten, hockte in Brunnenschächten und soll sich beim Fasten einen rauen Strick um den Körper gebunden haben, der ihn so aufscheuerte, so dass das Fleisch am lebendigen Leib faulte und eiterte.

Irgendwann wanderte er in zu dem Hügel, auf dem die Klosteranlage stand und saß lange Jahre auf einer Umfriedung, Tag für Tag, egal bei welchem Wetter.

Das war ihm auch noch nicht ausreichend und so bestieg er eine Säule, daher der Name.

Von der Säule war damals nicht viel übrig, denn die Splitter waren als Souvenir bei den Pilgern sehr begehrt. Nach ein paar Jahrhunderten war nur noch ein Stumpf übrig.

Um die Säule herum entstand ein großes Kloster, von dem nur noch Ruinen übrig waren. Doch zu seinen Glanzzeiten war es das größte Pilgerzentrum des Mittelmeerraumes.

3. Tempel von Ain Dara

Den Besuch des Ishtar-Tempels von Ain Dara konnte ich dank meines Fahrers gut mit dem Simeonskloster verbinden. 

Außer ein paar Mauern in einer Landschaft, die der Toskana ähnelte, war dort nicht wirklich viel zu sehen.

Nur am Eingang begrüßten mich Sphinxe und ein großer Löwe wachte über die Anlage. Sonst waren nur noch Grundmauern erhalten.

Auf manchen Steinen erkannte ich noch Löwenpranken, aber alles war ziemlich durcheinander gewürfelt und es waren auch kaum Touristen dort. Er war einfach zu abseits gelegen, aber das hatte auch seinen Reiz. 

Ob es den Tempel und den Löwen immer noch gibt? Ich weiß es nicht und auch eine kurze Recherche hat meine Frage nicht beantwortet. Vielleicht hat ihn ja die Lage ein wenig geschützt.

Und jetzt Du: Warst Du vielleicht selbst noch in Aleppo und Umgebung?
Bevor ich es vergesse, denke daran, dass Deine Grenzen nur im Kopf existieren.

 

 
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