So ein kleiner Urlaub im Herbst kann nicht schaden dachten sich mein Mann und ich und so beschlossen wir, einen Abstecher nach Bella Italia zu unternehmen. Das passende Ferienhäuschen war schnell gefunden und fast genauso schnell gebucht, so dass es Ende September 2002 losgehen konnte. Da wir nach einer harten Arbeitswoche nicht in einem Rutsch bis Chianni fahren wollten, machten wir einen Zwischenstopp am Gardasee. Nun, ich muss zugeben, ich hatte etwas eigene Vorstellungen vom Gardasee, die alle nicht zutrafen, und das war auch gut so 😉 Entlang des Ostufers reiht sich ein Ort an den nächsten, so dass man schnell den Überblick verlieren kann, wo man gerade ist. Die meisten Orte scheinen nur aus einer Hauptstraße zu bestehen, rechts und links Hotels und das war´s dann.

Bardolino in Bardolino

Wir haben jedoch schon vorher die Karte studiert und als mein Blick auf den Ort Bardolino fiel, da wusste ich, dort werden wir übernachten. Und Bardolino in Bardolino trinken (für alle Abstinenzler und Nur-Bier-Trinker: leckerer Wein aus dem gleichnamigen Örtchen).

Bardolino selbst ist ein kleiner Ort mit vielen Cafés, Restaurants, netten Gassen, einer schönen Uferpromenade und einer wunderbaren Bergkulisse. Genau das richtige, um einen gemütlichen Nachmittag und Abend dort zu verbringen. Da schon Nachsaison war, war doch recht wenig los und während alle in Deutschland bibberten, saßen wir gemütlich in einem kleinen Ristorante, aßen fangfrischen Fisch und tranken, genau, Bardolino. Nach einer Nacht in einem superweichen Bett (kaum Schlaf für mich) ging es weiter Richtung Chianni.

Wir haben der Signora, die uns das Domizil vermietet hat, als Ankunftszeit den frühen Abend genannt, so dass wir genug Zeit hatten und nicht auf der Autobahn Richtung Süden düsen mussten. Hat uns auch einiges an Maut gespart 😉 Auf der Fahrt sahen wir schon die sanften Hügel, Olivenbäume, Pinien, Zypressen, die typische Toskana-Landschaft eben. Was mich völlig überrascht hat waren die vielen Wälder. Die fehlten in meiner Phantasievorstellung, tja, aber da waren sie nun mal. Und genauso überrascht war ich, als ich sah, wie dicht die Toskana besiedelt ist. Irgendjemand soll mal behauptet haben, die Toskana sei einsam. Entweder war das vor mindestens 100 Jahren oder dieser Jemand war noch nicht in der Wüste oder Neuseeland. DAS ist einsam, aber nicht ein Landstrich, wo auf jedem Hügel ein Häuschen steht. Egal, ich fand´s richtig romantisch, vor allem als ich den Blick von unserer Terrasse genoss und freute mich auf die nächsten Tage.

Volterra – Noch vor dem Hype

Am nächsten Tag ging es dann mit dem Kulturprogramm los und wir fuhren nach Volterra. Das war der nächste Ort und nicht zu groß, genau das Richtige für den Einstieg. Volterra hatte seine erste Blütezeit im 4. Jhdt v.Chr. und war ab dem 9 Jhdt. v. Chr. eine der wichtigsten Städte des sog. Zwölferbundes, einem Städtebund der Etrusker. Damals hatte Volterra 50.000 Einwohner, heute sind es etwa 15.000. Daran kann man sehen, wie bedeutend die Stadt einmal war. Heute ist Volterra eine schöne kleine Stadt, wo die Zeit zu stehen scheint.

In manchen Ecken zumindest und nicht gerade auf der Piazza dei Priori, wenn dort die Oldtimer stehen, bevor sie sich ein Rennen auf den kurvenreichen Straßen liefern. Bei so viel Geschichte gibt es in Volterra natürlich auch einiges anzuschauen: Ein Amphitheater aus dem 1. Jhdt. und ein Museum mit Funden aus der Etruskerzeit (viele Urnen, aber auch schöne Statuen, aber Achtung: Der Hinweis, sein Wechselgeld nachzuzählen, hat hier besondere Bedeutung!) für die an der Antike Interessierten, ein Dom mit Baptisterium als etwas moderneres Kulturprogramm. In der Toskana gibt es viele dieser Baptisterien und endlich weiß ich auch, was es damit auf sich hat. In diesen Taufkirchen wurden die Menschen getauft, denn früher durfte man als Ungetaufter nicht in eine „richtige“ Kirche. Aha, wieder was dank Baedeker dazugelernt.

Die viele kleine Gassen und Läden laden zum Herumschlendern und Stöbern ein und es macht richtig Spaß, sich einfach treiben zu lassen, auch wenn durch die engen Gassen ein kühles Lüftchen weht und uns dann doch wieder bewusst wurde, dass selbst hier der Herbst schon Einzug gehalten hat. Wir haben uns von der Lauferei im Park in der Nähe einer archäologischen Ausgrabungsstätte erholt. Viel war von den Tempeln nicht gerade übrig, aber die Siesta hat nach den ganzen Kopfsteinpflastern gut getan. Die Sonne schien, es ging ein laues Lüftchen und in Sichtweite war auch die imposante Festung der Medici, heute ein Hochsicherheitsgefängnis für schwere Jungs. Und wer mal die Festung gesehen hat, der wird mir zustimmen, da kommt keiner rein oder raus. Keine Ahnung wie dick die Mauern sind, aber man muss schon mit schwerem Geschütz kommen, um sich da durchzuarbeiten.

In der Umgebung von Volterra sind auch die Balze einen näheren Blick wert. Der Tuffstein sieht schon sehr erodiert aus, was aber ausnahmsweise kein Verdienst des Menschen ist, sondern ist hier normal. Der Regen wäscht den Boden aus und so bröckelt der Boden, auf dem Volterra erbaut ist, doch ein wenig und hat schon so eine Kirche und Teile der Stadtmauern mit sich gerissen. Aber daran denkt man nicht, wenn man in einem Café gemütlich eine Latte Macchiato trinkt und mit einem Panini den kleinen Hunger vertreibt. Ich bin ja normalerweise kein Kaffeefan (jeder, der mich kennt, kann das bestätigen), aber bei dem Latte konnte ich nicht widerstehen, 1/3 Espresso (höchstens!), 2/3 Milch und Zucker, lecker. Und am Morgen hat es mir tatsächlich geholfen, aus den Federn zu kommen. So ein schönes Frühstück auf der Terrasse mit Käse und Mortadella (ok, ich hatte auch Nutella dabei, aber das lieben auch die Italiener, habe ich festgestellt) und dazu ein Latte, lecker, Ars Vivendi… Da konnte der Tag doch nur gut werden…

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